Lindy mit fragwürdiger Schweizer Preispolitik
Quelle: SITM

Lindy mit fragwürdiger Schweizer Preispolitik

Zubehörhersteller Lindy verlangt für identische Produkte in der Schweiz zum Teil mehr als doppelt so viel wie in Deutschland. Gefragt nach der Begründung verweist der deutsche Marketing-Manager auf die höheren Personal- und Mietkosten in der Schweiz.
6. April 2015

     

Vom deutschen Zubehörhersteller Lindy erreichte die Redaktion von "Swiss IT Magazine" im März eine Produkte-PR für einen USB On-the-Go-Hub, dessen Preisempfehlung stutzig machte. So hiess es, dass der Hub ab sofort für 11.95 Euro über Fachhändler und den Lindy-Online-Shop verkauft wird. Ausserdem fand sich ein "Hinweis für Schweizer Redakteure", dass das Produkt auch hierzulande erhältlich ist – und zwar zu einem Endkundenpreis von 22.40 Franken. Bei einem Euro-Kurs von 1.06 Franken kostet dasselbe Produkt in der Schweiz somit fast 80 Prozent mehr als in Deutschland. Ein Einzelfall bei Lindy? Keineswegs.

Vergleicht man den deutschen und den Schweizer Lindy-Shop, zeigen sich auch bei anderen Lindy-Produkten erhebliche Preisunterschiede. Ein paar beliebig herausgepickte Beispiele:


• Ein Bluetooth-360-Grad-Lautsprecher mit NFC (BTS-360) in Deutschland 66 Euro, in der Schweiz 127.50 Franken (siehe Bild).
• Eine IP-Überwachungskamera mit IR Night Vision und Audiofunktion in Deutschland 65 Euro, in der Schweiz 155.50 Franken.
• Die Clone & Docking Station für zwei Festplatten, USB und eSATA in Deutschland 51 Euro, in der Schweiz 87.90 Franken.
• Ein Laser-Barcodescanner Classic mit USB-Anschluss in Deutschland 121 Euro, in der Schweiz 222 Franken.
• Teleskopauszugsschienen (Paar) für Lindy-Servergehäuse 20805 in Deutschland 44 Euro, in der Schweiz 116.80 Franken.

Die Liste liesse sich beliebig verlängern. Für "Swiss IT Magazine" Anlass genug, bei Lindy nach dem Grund für die teils doch frappanten Preisunterschiede zu fragen. Auf eine Mail-Anfrage sendete die Pressestelle von Lindy dann folgendes Statement: "Auch wenn die Herstellungskosten zwischen den Produkten von Lindy Deutschland und Lindy Schweiz vergleichbar sind, so sind jedoch die Endpreise aufgrund vielfältiger Faktoren unterschiedlich. Neben logistischen Unterschieden spielen vor allem Kosten, wie zum Beispiel Personalkosten oder Mieten eine Rolle, die in der Schweiz im Vergleich zu Deutschland um ein Vielfaches höher sind."
"Vergleichbare Herstellungskosten" und "um ein Vielfaches höhere Personal- und Mietkosten"? Wir fassten bei Christian Westenhöfer, Senior Marketing Manager bei Lindy, nach. Natürlich seien die Produktionskosten identisch, denn die Produkte von Lindy würden ja in Asien produziert, erklärt Westenhöfer im Gespräch. Aber Lindy unterhalte auch ein Lager in der Schweiz, um Produkte rascher versenden zu können. "Man weiss ja, dass der Schweizer Kunde ein besonders hohes Qualitätsempfinden hat und auch hohe Ansprüche an die Verfügbarkeit – darum sind wir vor Ort in der Schweiz mit einer Niederlassung inklusive technischem Support präsent." Diese Präsenz und die damit verbundenen Personal- und Mietkosten würden zu der "marktgerechten Anpassung der Preise" führen.


Auf unser Nachhaken, das man bei fast doppelt so hohen Preisen kaum von "marktgerecht" sprechen kann, führt Westenhöfer aus, dass man ohnehin vorwiegend B2B-Kunden beliefere. "Wir versuchen mit unseren Preisen im Webshop natürlich immer über den Preisen der Händler zu liegen." Allerdings: Für den eingangs erwähnten Hub ist selbst der Schweizer Händlerpreis mit 12.40 Franken immer noch praktisch gleich hoch wie der deutsche Endkundenpreis. Auch hier verweist Westenhöfer wieder auf die Personalkosten, Mieten und Logistikkosten, die in der Schweiz höher seien als in Deutschland – ungeachtet des Einwands, dass beim Vertrieb via Händler der Händler ja für die Kosten aufkommt.
Übrigens: Direkt in Deutschland bestellen können weder Kunden noch Händler, wie Westenhöfer bestätigt. Es gehe nicht, dass einfach der Schweizer Vertrieb umgangen werde. Das sei in anderen Branchen auch nicht anders, begründet Lindys Marketing-Chef.
Abschliessend wollten wir von Westenhöfer noch wissen, ob die Preise allenfalls überprüft und angepasst werden. Dies sei ständig der Fall, so sein Versprechen. Die Preise würden ständig überprüft, auch weil man in Dollar in Asien einkaufe und deshalb immer im Auge behalten müsse, wie sich dieser Kurs entwickelt. Aber: Als die SNB die Euro-Franken-Bindung im Januar aufgegeben hat, hat Lindy die Preise laut eigenen Angaben nicht angepasst. "Wir waren kurz davor, die Preise zu senken und haben geschaut, was die Konkurrenz macht. Aufgrund dieser Beobachtungen wurden die Preise dann nicht gesenkt. Wir haben uns am Marktumfeld orientiert." Natürlich sei man darüber nicht unglücklich gewesen, schliesslich müsse man wie jedes andere Unternehmen auch wirtschaften und Geld verdienen.


Und so bleibt am Ende ein schaler Nachgeschmack beziehungsweise der Eindruck, dass Lindy sich mit den Schweizer Kunden einfach eine goldene Nase verdient – analog der Beispiele, die man aus dem Konsumgütergeschäft zur Genüge kennt. Westenhöfer widerspricht aber vehement. "Wir verdienen uns keine goldene Nase mit unseren Schweizer Kunden, definitiv nicht. Wir sind ein Familienunternehmen mit langer Tradition, und diesen Vorwurf gab es in all den Jahren, die wir am Markt sind, noch nie." (mw)



Kommentare
Hallo, wir haben gehört dass LINDY SCHWEIZ schliessen würde... Wir haben leider keine Möglichkeit das nachzuprüfen. Was ist daran war ? Grüsse.
Samstag, 11. November 2017, STEHLE

Den Verantwortlichen ist keine, aber wirklich keine Antwort zu faul um sie nicht zu geben. Einerseits ist das mit den Personal und Vertriebskosten eine Mär, bzw. eine Legende die immer gerne hergenommen wird um komplett überrissene Preise zu rechtfertigen. Das ist nicht nur bei Lindy oder der IT so sondern im gesammten Markt. Auch wenn man auf die höhere Kaufkraft in der CH pocht, was man ja auch immer wieder gerne erwähnt aber leider etwas negativ besetzt ist, so ist auch das eine Mär. Die Kaufkraft in der CH ist bei weitem nicht 80%, oder noch mehr, höher als zum Beispiel in Deutschland. Es geht einzig und alleine darum den dummen CH Konsumenten abzuzocken bis zum geht nicht mehr. Aber der Konsument hat es selber in der Hand. Es ist wie ein Räuber und Poli Spiel. Den es gibt gegen jedes Abzockerrezept auch eine probates Gegenmittel. Und ich reize diese bis zum Ende aus. Dem Handel sei geraten was man als Marketingplaner mal gelernt hat: Erkenne den Kunden und seine Bedürfnisse! Ansonsten wird das Pendel einmal Gnadenlos zurückschlagen. In Schwung ist es ja bereits geraten was die steigenden Zahlen des sogenannten "Einkaufstourismus" ja sehr gut repräsentieren.
Dienstag, 7. April 2015, Andy

Ich habe von Parallels eine Werbung per Newsletter erhalten, laut der man für EUR 49,99 Parallels im Bundle mit sechs oder sieben weiteren Apps updaten könne. Wollte ich machen, staunte dann aber, dass im Shop aus EUR 49,99 plötzlich CHF 66 wurden. Auf meine Reklamation hin kamen ebenfalls nur schwammig-ausweichende Statements. Ich habe auf den Kauf verzichtet. Denn bei Software-Download können die von Lindy angebrachten Ausreden ja erst recht nicht gelten gelassen werden.
Dienstag, 7. April 2015, Paddy

da gibt es nur eines - diese Firma und alle anderen boykottieren oder direkt ueber der Grenzen einkaufen.
Sonntag, 5. April 2015, SD

Das ist doch nicht ernst gemeint. Alle Artikel aus dem EU Ausland kosten hier viel mehr, weil wir abgezockt werden. Wenn ich privat eine Auto-Bild kaufe, dann kostet sie hier 3.70 Fr. und wenn ich fünf Minuten über die Grenze fahre sind es noch 1,60 Euro. Und jetzt darf mal jeder raten wo ich einkaufen gehe. Die Computerzeitschriften wie c't oder auch GEO, welche hier erwähnt wurden, kaufe ich inzwischen gar nicht mehr, da sie in jeder Bibliothek kostenlos aufliegen. Zumindest bei uns jeweils die letzten drei Ausgaben. Also gehe ich zwei Mal im Monat dort hin und bringe mich an einem Nachmittag auf den neuesten Stand.
Donnerstag, 2. April 2015, Marco

Neben den ganzen deutschen Verlagen (Magazine wie c't, GEO usw.) eine weitere Firma auf meiner Boykott-Liste.
Donnerstag, 2. April 2015, Dani S.



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