Sutters Bits & Bytes: Vom Büpf zum BAPU
Quelle: zVg

Sutters Bits & Bytes: Vom Büpf zum BAPU


Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2014/01

     

Nur die allergrössten Kälber wählen ihre Metzger selber. Bevor wir aber auf die Kälber und Metzger eingehen, beginnen wir mit einer Kurzlektion in Staatskunde. Die Rechtskommission des Ständerats, in eingeweihten Kreisen auch Linkskommission genannt, berät Gesetze zuhanden des Ständerates. In unserem Fall geht es um das Bundesgesetz betreffend der Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs, offizielle Abkürzung Büpf (Gesetzesentwurf 13.025). Betroffen vom Büpf sind die Anbieter von Fernmeldediensten wie Bluewin, Sunrise, UPC Cablecom und viele weitere Internet Service Provider. Eine ganz wichtige Rolle spielen Extremisten und Terroristen, also Leute wie Sie und ich.
Diese ständerätliche Rechtskommission beendete kürzlich ihre Beratungen zum Büpf mit einem Aufsehen erregenden Beschluss. Die Anbieter von Fernmeldediensten werden zwangsweise verpflichtet, künftig den Internet- und Mailverkehr ihrer Kunden zu erfassen, während zwölf Monaten zu speichern und auf Verlangen herauszugeben. Ja mei, werden Sie sagen, das macht doch schon die amerikanische NSA, und ist erst noch gratis. Hierzulande hingegen müssen die Kosten der dafür nötigen Einrichtungen und Aufwände von den Providern getragen werden. Sie sollen keine Entschädigungen erhalten für diese Polizeidienste, welche sie für Überwachungen in Strafverfahren – ich wiederhole es – zwangsverpflichtet im Auftrag des Bundes durchführen.

Aber das stimmt natürlich so nicht. Die Kosten übernehmen nicht die Internet-Provider, wie uns das die Rechtskommission in ihrer Medienmitteilung vorgaukelt. Es funktioniert wie immer, wenn Bundesrat oder Parlament Geld ausgeben: Es ist immer Ihr Geld, ja genau, Ihres, Sie meine ich! Entweder das Geld Ihrer Steuern, oder wie in diesem Fall, jenes der Internet-Anbieter, welche die Rechnung selbstverständlich an Sie weiterreichen werden.
Der Büpf-Präjudizentscheid hat weitreichende Folgen. Stillstand ist Rückschritt. Im Geheimen wird dem Vernehmen nach seit längerer Zeit an der nächsten Überwachungsstufe gewerkelt. Zu diesem Zweck – so hört man – soll ein neues Bundesamt geschaffen werden, das Bundesamt für Personen-Überwachung BAPU. Nicht zu verwechseln mit dem BAFU, welches die Umwelt überwacht. Das BAPU bereitet weitere Gesetzesvorlagen vor. Geplant und schon weit gediehen ist das Bundesgesetz zur Überwachung des Einkaufsverkehrs. Es verpflichtet beispielsweise Coop und Migros, aber auch Tante-
Emma-Läden, künftig die Einkaufsdaten ihrer Kunden ein Jahr lang zu speichern und auf Verlangen herauszugeben.
Kaufte also jemand rote Äpfel und dazu Rothändle-Zigaretten: klarer Fall, der Mann ist Linksextremist. Kaufte er Bratwürste und Brissago (die Krummen) ist das ein deutliches Indiz: SVP-Mitglied. Besorgte er oder sie einen Rosenkranz in einer Devotionalienhandlung in Einsiedeln: Wird wohl ein CVP-Fan sein, möglicherweise sogar BDP-Sympathisant.
Solche Ideen sind ausbaufähig. Erste Entwürfe liegen beim BAPU. Beispielsweise die Bundesgesetze betreffend der Überwachung des Schreibverkehrs, finanziert durch den Verband der Schweizer Papeteristen, des Bahnverkehrs, finanziert durch Stadler Rail, des Stras­senverkehrs, finanziert durch VW und Mercedes, und des Zahlungsverkehrs, finanziert durch die Raiffeisen Bank.
Wem immer Sie mailen, wohin immer Sie gehen oder fahren, wem immer Sie schreiben oder was zahlen: Alles fein säuberlich notiert, gespeichert und auf Dekret verwendbar. Orwell auf Ihre Kosten. Nächstes Jahr sind wieder Wahlen. Wie war das noch mit den Kälbern und den Metzgern?



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