Business Intelligence

Eine organisatorische Ausgestaltung und die Kunst, aus Daten entscheidungsrelevante Informationen über den Kunden und dessen Bedürfnisse zu generieren.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2008/20

     

Für viele Unternehmen hat sich der Stellenwert der Kundenbeziehung in den letzten Jahren nachhaltig verändert. Verdrängungswettbewerb, Austauschbarkeit und Homogenisierung der Produkte, weitgehende Marktsättigung, schneller und flexibler ändernde Kundenwünsche kennzeichnen die gegenwärtige und zukünftige Marktsituation, auf die zu reagieren ist. Folglich muss man auf Markt- und Kundensituationen sowie diverse Fragestellungen die passenden Informationen und das Wissen zur rechten Zeit über und für den Kunden haben. Daher haben auch technologie- und wissensintensive Unternehmen hohe Anforderungen an Ihre Reporting-, Steuerungs- und Überwachungsinstrumente, die u.a. Informationen und Wissen zu folgenden Fragestellungen liefern müssen:



- Welches sind meine profitabelsten Kunden?



- Welche Kunden haben Abwanderungsneigung?

- Welches Finanzpotenzial haben meine Kunden?

- Welche Kunden würden weitere oder höherwertige Produkte kaufen?

- Welche Kunden reagieren am empfindlichsten auf Preisänderungen?

- Welche Kunden beschweren sich am meisten/ehesten?

- Mit welchen Produkten und Produktkombinationen fühlen sich Kunden am ehesten angesprochen?

- Wie viel ist ein Kunde eigentlich wert?

- Sind alle Kunden gleich wichtig für ein Unternehmen?

- Muss man «den» Kunden differenziert «bearbeiten»?

- Haben wir die «guten» und «schlechten» Kunden richtig erkannt?



Business Intelligence (BI) ist ein gesamtheitlicher Ansatz zur betrieblichen Entscheidungsunterstützung und befasst sich mit Technologien sowie Prozessen zur Informationssammlung aus entscheidungsrelevanten Daten, dessen Analyse und Reporting. Hierbei ist BI nicht einfach nur ein strategisches und operatives Controlling-Instrument, sondern auch eine Chance, über standardisierte Prozesse und Funktionen eine einheitliche, qualitative Kundensicht zu erlangen.
Durch die Analyse von Kundendaten und Kundeninformationen mit Verfahren wie



- Data Mining

- Online Analytical Processing (OLAP)

- Reporting



können Erkenntnisse – im Data Warehouse (DWH) und/oder in fachliche Data-Marts (DM) gespeichert – gewonnen werden, die wiederum direkt zur Entscheidungsfindung oder indirekt durch Integration in operativen Prozessen genutzt werden können. Es entsteht ein Kreislauf (Closed-Loop), über die Extraktion von Daten und die Konsolidierung aus internen und externen Quellen, über das Transformieren und Bereinigen der Daten und das Laden in DWHs oder DMs (ETL-Prozess), hin zur Analyse und Auswertung sowie Rückführung der Resultate in den operativen Geschäftsprozess.



Grafiken


Daten über den Kunden

Das Spiel mit der Henne und dem Ei: Grundsätzlich stellt sich in Projekten die Frage: Wo fängt man mit den Daten an? Beim Kunden oder intern im Unternehmen? Letzteres steht bei den meisten im Vordergrund, da die IT-Landschaft meist von gewachsener Heterogenität geprägt und die Qualität intern vorhandener Daten (Kontaktdaten: Name, Adresse, Telefonnummer; Stammdaten: Alter, Geschlecht; Transaktionsdaten; Nutzungsdaten) für Kundenansprachen teilweise unvollständig oder qualitativ unbrauchbar ist. Hier besteht die Notwendigkeit, externe Daten (Soziodemographie, Wohnumfeld, Konsumverhalten, KFZ, Kreditverhalten) aus diversen Quellen hinzu zu holen.


Wissen über den Kunden

Eines der wichtigsten Ziele beim BI ist die Analyse des historischen und gegenwärtigen, aber insbesondere auch die Prognose des zukünftigen Kundenverhaltens und der daraus ableitbaren Affinitäten. Daten aus den verschiedenen Datenbanken werden extrahiert und diese auf bisher unbekannte Zusammenhänge und Erkenntnisse analysiert.



Die Herausforderung und Aufgabe liegt u.a. darin,




- die Struktur und das Verhalten der eigenen Kunden in den Daten zu erkennen,


- zu überprüfen, ob durchgeführte Kampagnen den geplanten Erfolg erzielt haben.


- aus bereits durchgeführten Kampagnen Regeln für neue zu generieren.



Vorausgesetzt, die notwendigen Daten liegen historisch in ausreichender Qualität in einem – im Idealfall unternehmensweit zentralen – DWH beziehungsweise fachspezifische DMs vor, können Data-Mining-Verfahren eingesetzt werden, um Antworten auf strategische Fragestellungen zu geben.



Der Begriff des Data Mining bezeichnet Techniken zum Erforschen und Hervorheben von entscheidungsrelevanten Mustern oder Trends in umfangreichen Datenbanken, die sonst unerkannt geblieben wären. Das Verfahren nutzt zahlreiche Methoden (z.B. Segmentierung) mit unterschiedlichen Anwendungen (z.B. Clustering).
Basierend auf den Erkenntnissen und Prognosen können optimal abgestimmte Massnahmen beispielsweise



- zur Gewinnsteigerung durch optimales Ausschöpfen von Cross-/Up-Selling Potentialen,

- zum Bestandskundenmanagement, wie u. a. Cross-/Up-Selling oder Kundenbindung,

- zur Vorhersage künftigen Stornoverhaltens,

- zur individuellen Kundenansprache,

- zum optimalen Einsatz ihrer Budgets


eingeleitet und umgesetzt werden.


Service für den Kunden

Es gibt wichtige Gründe, die den Kunden zum Kauf bewegen:



- der Preis des angebotenen Produktes im Vergleich zu dem des Konkurrenzproduktes,

- personalisierte Ansprache und Angebot,

- Image des Unternehmens,

- Lieferbedingungen,

- Service,

- Qualität des Produktes,

- Empfehlungen durch Bekannte.


Nur wer es schafft, über die optimale Kombination aus den oben genannten Motivationen mit dem Kunden zu kommunizieren, wird die Zufriedenheit, die Loyalität und damit auch die Bindung des Kunden an das Produkt und Unternehmen erreichen.


Organisatorische Gestaltung der BI-Landschaft

Damit die einzelnen Unternehmensbereiche nicht alle Ihre eigenen BI-Programme und Projekt-Silos aufbauen, ist eine BI-Strategie notwendig, die die technische, fachliche und organisatorische Gestaltung berücksichtigt. Bei der organisatorischen Gestaltung von BI ist ein integrativer Ansatz zwischen allen Unternehmensabteilungen als Team von Know-how-Trägern notwendig, deren Rollen vorab definiert und besetzt werden. Dieses Team bildet dann das BI Competence Center (BICC).



Das BICC übernimmt hierbei Aufgaben wie Koordination und Steuerung von Projekt-Aktivitäten, Softwareauswahl, Koordination des Datenmanagements und des Betriebes, BI/IT-Governance, Service-Management und Training.
Die Implementierung des Teams kann entweder aus einem Projekt oder aus einer Strategie heraus erfolgen. In den meisten Fällen erweist es sich als praktikabel, in den Startphasen ein virtuelles abgestimmtes Team aufzustellen, das vordefinierte Rollen wahrnimmt. Diese können dann auch in einer Übergangsphase die notwendigen Aufgaben abdecken und Projekte unterstützten, unabhängig von räumlichen Entfernungen bzw. operativen Aufgabenstellungen.




Zusammenfassend können die Rollen in den Teams im Rahmen einer BICC gruppiert werden zum einen durch eine permanente Programm-Organisation (sowohl Business-Rollen auch als technische Rollen), zum anderen durch eine Projekt-Organisation, die abhängig von den durchgeführten Projekten aufgesetzt wird.


Der Autor

Diplom. Volkswirt Jan Altin arbeitet seit 2008 bei
Business & Decision Schweiz. Seine Themen-Schwerpunkte sind BI und Service Management.




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